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Inhalte, Layout und Bilder auf dieser und allen andere Seiten der Website Eigentum von U. Hofmockel, 2005

Die Herstellung einer Taille

Nach "Die Anfertigung der Damengarderobe", Verlag Franz Lipperheide, 1886

 

Als Schnitt habe ich den TV460 von Truly Victorian genommen, der als Basisschnitt immer wieder gute Dienste leistet.

Der Probeschnitt kann gleich aus dem Taillenfutter gemacht werden, er sollte nicht dehnbar sein. Es eignen sich festere Seiden wie Taft, Dupion oder Broadcloth (mein Favorit) oder feste, evtl. geköperte Baumwollstoffe. Es ist nicht notwendig, schwere Stoffe wie Jeans oder ähnliches zu verwenden. Allerdings haben diese so viel Stand, daß sie kleine Paßformfehler oder Figurschwankungen ausgleichen können, dafür sind sie sehr warm.

Oberstoff und Futter werden in gleichen Teilen zugeschnitten, dann wird jeweils ein Teil des Oberstoffes zusammen mit dem zugehörigen Futterteil zusammengeheftet. Die beiden Lagen werden danach verarbeitet wie ein Teil.

Entgegen der modernen Verarbeitung wird bei den vorderen Kanten der Taille rund 5 cm zugegeben, die vordere Mitte wird mit Heftstichen markiert.

Danach werden die Abnäher geschlossen und die Teile zusammengenäht.

 

       
Als nächstes werden die offenen Kanten versäubert.

Bei den normalen Nahtzugaben gibt es mehrere Methoden, je nach Material empfiehlt sich die eine oder andere. Üblich ist

Die Zugabe des Futters zurückschneiden, die Zugabe des Oberstoffes um die Futterzugabe schlagen und am Futter mit Überwendlichstich festheften (rechts)

Die Zugaben von Futter und Oberstoff knapp gegeneinander einschlagen und mit Überwendlichstich befestigen (links) Die Zugabe bleibt damit noch beweglich.

Einfassung mit dünner Seide (besonders geeignet bei dicken Stoffen)

An den gebogenen Nähten im Rückenteil werden in der Bogung kleine Dreiecke eingeschnitten, um Faltenbildung zu verhindern.

Bei der linke Seite (dem Untertritt) der Taille werden Futter und Oberstoff knapp gegeneinander eingeschlagen und befestigt. Der Untertritt hat somit fast die volle Breite der zugegebenen 5 cm.

       
Als nächstes wird die endgültige Saumlinie festgelegt. Es ist nützlich, den Schnitt länger zu machen als letztlich benötigt und erst über allen Röcken endgültig festzulegen. (Das kann natürlich auch vor dem Versäubern der Nähte gemacht werden) Die Saumzugabe wird nach innen umgelegt und mit Überwendlichstich befestigt.
       
Die Zugabe der rechte Seite der Taille wird 1 cm vor der vorderen Mitte umgelegt und der Saum wiederum 1cm eingeschlagen. Die Zugabe bildet einen Beleg. Je nach Figur erfolgt auf Brust- oder Taillenhöhe ein Einschnitt. Der Beleg wird dann nach Bedarf zusammen-geschoben oder durch ein Stoffdreieck erweitert. Letzteres ist bei dem (damals üblichen) starken Hüftsprung erforderlich.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Der untere Beleg zum Saumabschluß wird in Form der Taille zugeschnitten und per Hand rundum unsichtbar festgenäht.

       
Bei den Ärmeln werden alle 4 Teile gleichzeitig miteinander vernäht.

Der Oberärmel liegt Oberstoff auf Futter wie zur einlagigen Verarbeitung. Auf den Oberstoffunterärmel wird dann der Oberstoffunterärmel rechts auf rechts aufgeheftet.

Der Futterunterärmel wird auf der anderen Seite dem Futteroberärmel aufgeheftet.

 

Der Ärmel wird durch die Oberstoffteile gewendet, die Nahtzugaben liegen nun zwischen Futter und Oberstoff.

 

Nach dem Einsetzen der Ärmel werden die Nahtzugaben auf 0,5 cm zurückgeschnitten und mit Seide eingefaßt, Pongé tut hier gute Dienste.

Die Ärmelsäume werden wie die unteren Saumkanten eingeschlagen, festgenäht und mit einem Beleg aus Oberstoff versehen.

 

Der Kragen wird doppelt zugeschnitten und der Oberkragen an den Halsausschnitt gesteppt. Für einen guten Stand lege ich gerne eine Roßhaareinlage ein, diese wird mit Hexenstich an den Zugaben befestigt.

Das Futter des Kragens wird dann per Hand unsichtbar am Oberkragen angenäht.

 

 

Auf den Nahtzugaben werden Stabtunnel festgenäht. Die Stäbe können auch komplett separat einfaßt werden und dann angenäht. Für normale Taillen reichen 15 cm lange Stäbe, die gerade die Taillenbiegung mitmachen. Ball- und Gesellschaftstaillen werden für einen besseren Sitz mit längeren Stäben versehen.

Zum Schluß wird ein Taillenband an den hinteren drei Nahtzugaben befestigt und vorne mit Haken und Ösen geschlossen.

(Der aufmerksame Leser wird merken, daß es auf dem Bild andersherum gezeigt ist und sich vielleicht erinnern, daß es hier auch vordem andersherum stand. Ich gestehe, daß ich ganz sicher war, es gelesen zu haben, daß erst das Band und dann die Stäbe kommen. Trotz aller Suche finde ich den Beleg jedoch nicht mehr, somit also hier die korrigierte Fassungen, welche der Vorgehensweise in verschiedenen Büchern und Bildern von Originalkleidern entspricht.)

Jetzt noch Knöpfe und Knöpflöcher einarbeiten bzw. Haken und Riegel -

und fertig!

 
 

 

   
Und warum die ganze Mühe? Über Sinn und Zweck damaliger Verarbeitungstechniken

Späte Tournüre
1882-1889

 

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