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Lackschuhe, ca. 1880/1885
 

Ich kaufte diese Schuhe in England in der Absicht, sie für Fotos eventuell meiner Tochter anziehen zu können, da es so schwierig ist, passende Schuhe für Kinder zu bekommen.

Bei dem Begriff "Lackschuh" ging ich von Lackleder aus, wie es auch bei Damenschuhen vorgekommen ist.

Offenbar handelt es sich bei diesem Paar Schuhe jedoch um die Sonntagsschuhe der Tochter kleiner Leute, denn sie sind vollständig aus Baumwollsatin gefertigt, der Lackeffekt entsteht durch einen Überzug aus einem Lack, ich vermute Schellack, der den Satin versteift.

Durch schadhafte Stellen kann man sehr deutlich erkennen, daß der Stoff direkt schwarz lackiert wurde.

 

 

 
Die Sohlenlänge des Schuhe beträgt außen gemessen ca. 19 cm. Zieht man ein Stück "modische Spitze" ab, kommt man auf eine äußere Länge von
17 cm, die entspricht  ungefähr der heutigen Größe 28.

Der Schuh ist jedoch am Ballen außen gemessen nur 5,5 cm breit, entspricht ungefähr einer heutigen Größe 25.

Für heutige Füße sind die Schuhe eindeutig in einem Mißverhältnis und ich vermute, daß es für damalige Füße nicht anders war. Vom Ballen bis Schuhspitze mißt die Sohle 6,5 cm. Da Kinderzehen im Verhältnis noch recht kurz sind, ist anzunehmen, daß die Schuhe eine gute Portion "modische Länge" besitzen und für die Trägerin auch nicht gerade in die Geschichte der Bequemschuhe eingegangen sind.

Zarte Füße waren bei der Mutter hochmodisch, also mußte auch die Tochter am Sonntag sehr wahrscheinlich in einen schmalen Schuh tragen.
 

Die Brandsohle des Schuhs, also die eigentlich tragende innere Sohle, besteht aus unsorgfältig zugeschnittener Pappe, die wirkt, als wäre die Pappe stückchenweise an den Schuh angepaßt worden und keine richtige Schablone.

Der rote Punkt auf dem Bild ist der Nagel, mit welchem Der Absatz befestigt ist.




 

  Die Ferse des Schuhs ist durch eine Einlage verstärkt, die sehr fest ist und sich auch am Ende nicht knicken läßt. Ich vermute ein inzwischen verhärtetes Leder.

Die Einlage geht nur bis zum halben Fuß, die roten Punkte markieren das Ende.

Der Schuh besteht aus dem vorderen Schuhteil, den Seitenteilen und hinteren Verbindungsstreifen, die miteinander maschinell vernäht und und mit braunem, leinenbindigen Baumwollband eingefaßt sind.

  Auch die hinteren Verbindungsstreifen zeigen durch ihre ungleiche Breite, daß der Schuh günstig produziert wurde.









 

 

 
         
 

In den Schuh eingelegt ist im rechten eine dünne Pappsohle, welche mit türkisfarbenem Baumwollsatin beklebt ist.

Die Einlegesohle des linken Schuhs ist eine blaue Pappe. Es ist anzunehmen, daß sie eine Ersatzsohle ist, denn der türkisfarbene Satin findet sich auch als Futterstoff in der Spange des Schuhs wieder.

Der Schuhe selber ist aus auberginefarbenem Stoff, der verblichen aussieht.

 

Der Schuh wird durch einen Spangenverschluß geschlossen, das Knopfloch ist ungleichmäßig aus dem Lackstoff ausgeschnitten, der schwarze Knopf mit einem festen Baumwollfaden einfach angenäht.

Der Knopf ist meiner Vermutung nach aus Celluloid, da man eindeutig sieht, daß er einer Gußform entstammt. Er ist sehr leicht, der Metallbügel zur Befestigung wurde mit eingegossen.

 
Die Laufsohle ist aufgeklebt und besteht aus ca.
2 mm dickem Leder. Der zeittypisch geschwungene Absatz aus Holz ist 2 cm hoch und ebenfalls lackiert.

Befestigt ist er wie oben schon erwähnt durch einen Nagel von oben und gegen die Brandsohle vermutlich geklebt. Auf dem Absatz ist eine Laufsohle aus Leder aufgenagelt.

   
Der Schuh ist mit einer Schleife aus schwarzem Seidenrips verziert, welche auf einem sehr groben, leimversteiften Gewebe aufgeklebt ist. Diese Schuhart findet sich durch die gesamten 80er Jahre des 19. Jahrhunderts als Standardschuh neben Stiefeln bei der Fußbekleidung von Mädchen wieder.

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